Achtung, Falle! - Führerscheinentzug bei Cannabiskonsum
Unterschiedliche Bewertung gelegentliches Biertrinken – gelegentlicher Cannaiskonsum
Die Voraussetzungen hinsichtlich des Entzugs der Fahrerlaubnis bei Alkoholkonsum sind weit-läufig bekannt. Entscheidend ist bei einer Fahrzeugkontrolle die Blutalkoholkonzentration, also der Promillewert. Ab 0,5 Promille droht ein Fahrverbot. Der Führerschein wird ab 0,3 Promille plus Gefährdung und ab 1,1 Promille entzogen.
Überträgt man dieses Schema auf eine Überprüfung wegen des Verdachts auf Cannabiskonsum, besteht die Gefahr, in eine Falle zu tappen. Gelegentliches Biertrinken und gelegentlicher Cannabiskonsum werden rechtlich verschieden bewertet. Letzterer kann unversehens zu einem Führerscheinentzug durch die Fahrerlaubnisbehörde führen.
Ermittlung des Konsumverhaltens durch den THC-Carbonsäure-Wert
Bei Messungen werden weitergehende Informationen ermittelt. Bei der Alkoholkontrolle wird die Blutalkoholkonzentration ermittelt. Bei der Messung wegen Verdachts auf Cannabis-konsum wird nicht nur der aktive Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC), sondern auch der THC-Carbonsäure-Wert ermittelt, welcher Aufschluss über das Konsumverhalten gibt.
Medizinisch lässt sich die Häufigkeit des Konsums durch einen Bluttest überprüfen. Bei einem THC-Carbonsäure-Wert von über 150 ng/ml wird von regelmäßigem Konsum ausgegangen, über 75 ng/ml gelten als Indiz für gelegentlichen Konsum. Die rechtlichen Konsequenzen sind in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 FeV festgelegt. Ungeeignet zum Führen von KFZ ist, wer regelmäßig Cannabis konsumiert.
Gelegentlicher Konsum - Regelmäßiger Konsum
Die rechtlichen Konsequenzen des Konsumverhaltens sind in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 FeV festgelegt.
Anl. 4 FeV Eignung oder bedingte Eignung
Krankheiten, Mängel Klassen A, A1, A2,
B, BE, AM, L, T Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE,D1E, FzF
9.2.1 Regelmäßige Ein-nahme von Cannabis nein nein
9.2.2 Gelegentliche Einnahme von Cannabis ja,
wenn Trennung von Konsum und Fahren und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol o. a. psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust ja,
wenn Trennung von Konsum und Fahren und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol o. a. psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust
9.5 nach Entgiftung und Entwöhnung ja,
nach einjähriger Abstinenz ja,
nach einjähriger Abstinenz
Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 genügt gelegentlicher Konsum von Cannabis anders als regelmäßiger Konsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) für sich genommen noch nicht, um von fehlender Fahreignung der Betroffenen auszugehen, vgl. BVerwG Urteil v. 11.04.2019 Az 3 C 13.17
Feststellung der Trennung von Konsum und Fahren durch Gutachten
Betroffene müssen, wie vom Bundesverwaltungsgericht ausgeführt wird, für eine Bejahung einer Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 Konsum und Fahren in einer Weise trennen, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung der verkehrsrelevanten Eigen-schaften unter keinen Umständen eintreten kann. Eine Überprüfung und Prognose erfolgt mittels MPU. Gegenstand der Untersuchung ist auch das voraussichtliche Verhalten der Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten ist, dass diese nicht oder nicht mehr ein KFZ unter Einfluss von Alkohol, Betäubungs- oder Arzneimitteln führen werden.
Zu berücksichtigen sind die Aussagen gegenüber der Polizei. Oft ergeben sich bereits hier Wider-sprüche zu dem Konsumverhalten, das durch Messung des THC- und des THC-Carbonsäure-Wert ermittelt wurden. Aus diesem Grund ist zu raten, gegenüber der Polizei keine Angaben zu machen.
Betroffene müssen nachweisen, dass sie Konsum und Fahren in einer Weise trennen, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung verkehrsrelevanter Eigen-schaften unter keinen Umständen eintreten kann. Mit anderen Worten: Er/sie hat die Beweislast.
Das medizinisch-psychologische Gutachten wird nur dann positiv sein, wenn eine Abstinenz nachgewiesen wird und es müssen in der MPU alle Fragen des MPU-Gutachters korrekt und richtig beantworten werden.
Eine ernsthafte Vorbereitung zu folgenden Themen ist Voraussetzung für eine positive Entscheidung:
Vergangenheit mit Drogen
Einstellung zu Drogen
Erfahrung mit der Abstinenz
Absicherung der Abstinenz in der Zukunft.
Aus Erfahrung in der Fallbearbeitung ist festzustellen, dass die Begutachtung erst ernstgenommen wird, wenn sie negativ ausfällt. Darum habe ich für diesen Beitrag den Titel „Achtung, Falle!“ gewählt.
Rechtsanwalt Fassl Beitrag vom 11.05.2022